Unter Transsexualität wird verstanden, wenn das, bei der Geburt zugewiesene Geschlecht einer Person, nicht mit dem eigenen Wissen über das eigene Geschlecht übereinstimmt.
Es wird in diesem Zusammenhang auch oft von einem Abweichen der Geschlechtsidentität eines Menschen von seinen biologischen (anatomischen) Geschlechtsmerkmalen gesprochen. Diese Definition ist für transsexuelle Menschen oft nicht wirklich zutreffend, da sie suggeriert, dass eine (vom Phänomen Transsexualität) betroffene Person sich nur einem „anderen Geschlecht zugehörig fühlt“, „früher mal ein Mann (bzw. Frau) war“ bzw. den nur den Wunsch verspüren würde, sein „Geschlecht wechseln zu wollen“.
Neurowissenschaftliche Untersuchungen (siehe: Quellen) zeigen jedoch, dass das Wissen eines Menschen über sein eigenes Geschlecht neurobiologisch im Gehirn (BSTc, Hypothalamus) verankert ist (siehe nachfolgendes Video). Es handelt sich also um eine Inkongruenz oder Diskrepanz zwischen dem geschlechtlichen Selbstverständnis und/oder Körperbild eines Menschen und dem ihm bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht (Schreiber, 2016). Transsexuelle Menschen benötigen (wie übrigens jeder Mensch) einen maximal funktionsangepassten Körper, der zum eigenen Geschlechtswissen stimmig ist. Neueste Erkenntnisse der Genforschung zeigen, dass transsexuelle Menschen auch genetische Merkmale des Geschlechts aufweisen, das ihrem Wissen über ihr eigenes Geschlecht entspricht (Foreman et al., 2018).
Wie entsteht diese Variante der Geschlechtsentwicklung
Die Entstehung des Phänomens ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt. Jedoch verdichten sich die Hinweise darauf, dass Transsexualität während der fetalen Entwicklung durch Schwankungen der Sexualhormone im Mutterleib entsteht (Swaab & Bao).
Zu Beginn der Schwangerschaft sind alle Föten zunächst „weiblich“. Etwa in der 6. Woche der Schwangerschaft werden die Geschlechtschromosomen (XX und XY) des Fötus durch die Sexualhormone (im Blut der Mutter) an getriggert, entsprechende innere und äußere Geschlechtsmerkmale zu entwickeln.
Erst zu einem späteren Zeitpunkt wird die Entwicklung des Gehirns „angestoßen“. Vereinfacht erklärt: Verändert sich nun zwischen diesen beiden fötalen Entwicklungszeitpunkten die Konzentration der Sexualhormone (insbesondere des Hormons Testosteron) im Blut der Mutter, kann es dazu führen, dass sich der Geschlechtskörper abweichend vom „Gehirngeschlecht“ entwickelt.
Um es einfach zu sagen: Es kann passieren, dass ein Mensch mit männlichen Körpermerkmalen aber weiblichem „Gehirngeschlecht“ (Geschlechtswissen) oder ein Mensch mit weiblichen Körpermerkmalen, aber männlichem Geschlechtswissen entsteht. Es handelt sich also bei Transsexualität um eine „Spielart“ der Natur, oder wie es der Psychologe Prof. Dr. Udo Rauchfleisch (siehe: Quellen) ausdrückte, um „eine Normvariante der Natur“.
„Gender Revolution“ (2016)
Mit freundlicher Genehmigung durch NATIONAL GEOGRAPHIC
www.nationalgeographic.de
Die wissenschaftlichen Details zum Video
Übernommen aus Schreiber, G. (2019). Das Geschlecht in mir
„Repräsentativer Ausschnitt aus dem zentralen Teil des Bettkerns der Stria termminalis (BSTc), stimmuliert durch vaskosaktives intensinales Polypetid (VIP).

Vergleich BSTc (Hypothalamus) von
A: heterosexueller Mann
B: heterosexuelle Frau
C: homosexueller Mann
D: transsexuelle Frau (MzF)
Maßstabsbalken = 0,5 mm, LV = Lateraler Ventrikel
Beachten Sie, dass es bei A und B zwei teile des BST gibt: die kleinere mediale Unterteilung (BSTm) und die größere ovalförmige zentrale Unterteilung (BSTc). Beachten Sie ferner den Geschlechtsunterschied (A vs. B) und die Tatsache, dass die Mann-zu-Frau-Transsexuelle (D) einen weiblichen BSTc nach Größe und Form der Innervation hat. (aus: Zhou et al., „A Sex Difference“; Abb. 2 mit Erlaubnis“
Quelle: Swaab, D., Castellanos-Cruz, L. & Bao, A. (2019). Gehirn und Geschlecht. ). in: Schreiber, G. (2019). Das Geschlecht in mir, Neurowissenschaftliche, lebensweltliche und theologische Beiträge zu Transsexualität. Berlin/Boston: Walter de Gruyter GmbH